Klarna & Co. - Eintritt ins Onlinemarketing
Hallo zusammen,
halt, stopp! Das ist kein Spam! Ihr habt diesen Newsletter wirklich abonniert, schwör. Er wurde nur sehr lange nicht versendet, zuletzt am 09. April. Was ist passiert?
Die letzten Monate waren einfach voll! Ich musste irgendwo Abstriche machen und bin nicht mehr zum Schreiben gekommen. Neben unserem Kleinen & Nebenprojekten, hat mich v.a. die Arbeit auf Trab gehalten. Konkret: der Verkauf von shopping24.
In den letzten 12 Monaten haben Deal-Teams von OTTO & s24 am Exit des Unternehmens gearbeitet. Das Ergebnis ist (a) der Verkauf des Magazins Wohnklamotte an Gruner+Jahr und (b) der Verkauf von shopping24 an die YK Group.
Die Zeit war lehrreich und arbeitsintensiv, ich bin aber stolz auf das Ergebnis. Das Team von s24 hat den Laden am Laufen gehalten, 2021 wird ein Rekordjahr. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der YK Group (coolere Dachmarke folgt), Waterland, Yieldkit, Digidip und den Unternehmen, die in Zukunft noch dazu stoßen werden. Der Werbemarkt ist im Umbruch und in der neuen Konstellation wird die YK Group diesen mitgestalten. Mehr Worte zu dem Deal in meinem Post auf LinkedIn.
Seit dieser Woche ist das Closing der Transaktion abgeschlossen und ich hoffe in den nächsten Monaten mehr Zeit zum Schreiben zu haben. Wahrscheinlich nicht in der zweiwöchigen Frequenz, sondern unregelmäßig. Gemeinsam kommen wir aber wieder in den alten Rhythmus.
Zum Inhalt:
Klarna & Co. - Eintritt in das Onlinemarketing
Roland hat auf OMR gestern einen lesenswerte Artikel zu Klarna veröffentlicht: “Klarna prescht voran: Wie „Buy Now, Pay Later“-Firmen zu Werbeplattformen werden wollen”.
In dem Artikel geht es darum, wie Klarna und andere “Buy Now, Pay Later” ihren Geschäftsbereich erweitern. Konkret geht es um den Eintritt in das Werbegeschäft. Klarna verkündete am 2. November die Übernahme des nordischen Preisvergleichs Pricerunner für ca. € 43 Mio.
Klarna, einer der weltweit führenden Bank-, Zahlungs- und Shoppingdienstleister, gibt heute die Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Übernahme von PriceRunner bekannt. PriceRunner wird die Klarna App um neue Funktionen in Form von Produktbewertungen, dem Entdecken von Produkten und Preisvergleichen erweitern, um das Einkaufs-, Zahlungs- und Bankerlebnis für Verbraucher*innen weltweit zu verbessern.
Die Übernahme ist die letzte in einer Reihe von Transaktionen:
Dez. 2020: Klarna übernimmt Shoptail, ein Comparison Shopping Service, der es Händlern erlaubt, vergünstigt Google Shopping Anzeigen zu schalten. Der Service wurde zu Klarna CSS rebrandet und gewinnt auch in Deutschland Traktion.
Mär. 2021: Klarna übernimmt Toplooks.ai, eine Plattform, die Looks von Bloggern & Co. analysiert und mit Produkten in Verbindung bringt. Das Unternehmen spricht von “Shoppable Experiences”.
Jul. 2021: Klarna übernimmt gleich drei Unternehmen: Hero (gibt Verkäufern aus stationären Läden die Möglichkeit online Produkte zu bewerben und zu verkaufen), Stocart (eine digitale Kundenkarte) und Apprl (Tool für Influencer-Marketing).
Und nun noch Pricerunner. Für die Akquisitionen gab Klarna in den letzten 12 Monaten mind. 330 Mio. aus - wahrscheinlich mehr. Das Unternehmen setzt seinen aggressiven Wachstumskurs fort, wird - wie 2019 und 2020 - wahrscheinlich weiter rote Zahlen schreiben.
Welches Ziel verfolgt Klarna mit den Akquisitionen? Dazu David Fock, Chief Product Officer bei Klarna:
Unser Ziel bei Klarna ist es, das Zahlungs- und Bankerlebnis so gut wie möglich zu gestalten. Dabei möchten wir Verbraucher*innen die Möglichkeit geben von der Produktentdeckung bis zum Bezahlen so einzukaufen, wie es für sie persönlich am besten ist. Die Übernahme wird unsere Angebote in den Bereichen Banking und Zahlungsdienste weiter stärken und unsere globale Wettbewerbsfähigkeit fördern. Sie unterstreicht zudem, dass Klarna kein Marktplatz sein wird, sondern eine praktikable und wettbewerbsfähige Alternative für Handelspartner gegenüber Amazon, Google und Facebook bietet.
Klarna möchte nicht mehr als reiner Payment-Anbieter wahrgenommen werden, sondern (a) von Händlern als relevanter Partner entlang der Wertschöpfungskette und (b) von Nutzern als “coole” Marke und Shopping-Destination wahrgenommen werden. Dafür gönnte sich Klarna eine Kooperation mit Snoop Dog:
Kein Einzelfall - auch die Konkurrenz erweitert ihre Spielfelder
Klarna ist mit dem Push ins Online-Marketing und E-Commerce nicht alleine. Auch Paypal und Sea Ltd. verfolgen ähnliche Strategien.
Paypal: Paypal kaufte Ende 2019 Honey, eine Browser-Erweiterung für Gutscheine. Den Kauf beleuchtete ich ausführlich im Newsletter.
Eine Vermutung war damals:
Direkter Kundenzugang durch Mobile App: Paypal und Co. haben ihn im Shopping-Kontext bisher nicht, der liegt bei Shops und Marktplätzen. Das möchten FinTechs wie Paypal und Klarna ändern, sie wollen in der Customer Journey weiter vorne präsent sein. […] Paypal versucht seinen Händler Zusatzleistungen anzubieten, und sich weniger vergleichbar zu machen.
Die Integration von Produkten in die Paypal-App ist noch nicht erfolgt, der Wunsch früher in der customer journey präsent zu sein besteht aber noch immer.
Gerüchteweise wollte Paypal im Oktober 2021 die Plattform Pinterest übernehmen - dessen Marktkapitalisierung aktuell bei 28 Mrd. USD steht. Auch wenn Paypal vom Deal vorerst Abstand genommen hat - Zielsetzung und Interesse an Shopping werden bleiben. Es würde mich nicht wundern, wenn wir irgendwann den Deal Paypal → Pinterst noch sehen.
Sea Ltd: Das südostasiatische Internet-Unternehmen Sea Ltd. verbindet FinTech und Shopping. Über den Marktplatz Shoppee ist Sea Ldt. in vielen südostasiatischen Ländern Marktführer. Markteintritte in neuen Ländern - darunter auch Polen - sind geplant. Primär unter den Marken ShoppeePay und AirPay führte das zusätzlich Unternehmen 2014 ein e-Wallet ein. Inzwischen ist ShoppeePay die bevorzugte Bezahlweise auf der Plattform Shoppee und wird auch externen Händlern angeboten.
Gründe für die Expansion der Geschäftsbereiche
Ich kann die oben genannten Vorstöße nachvollziehen. Mindestens aus vier Gründen machen die Vorstöße Sinn:
Margen erhöhen: Payment ist ein umkämpfter und dynamischer Markt, fast jeden Monat sehen wir Übernahmen, die Marktkapitalisierung der Anbieter steigt. Als reiner Payment-Anbieter laufen Klarna wie auch Paypal Gefahr, dass ihre Margen schrumpfen. Durch den Eintritt in einen hochmargigen Bereich wie Onlinemarketing können sie dem entgegenwirken.
User stickiness & lifetime value erhöhen: Über weitere Funktionen - wie Shopping in der App - erhöhen die Anbieter die Nutzung ihrer App. Klarna hat laut eigenen Angaben 18 Mio. MAU (monthly active user). Je mehr Nutzer mit der App interagieren, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie Händler und Produkte über die App entdecken. Dies wiederum stärkt das Kernprodukt. Denn hey: wenn ich schon shoppe, dann kann ich auch gleich mit Klarna zahlen.
Datensammlung und Targeting: Klarna sieht Transaktionen auf Produktebene (hier ein interessanter Thread dazu). Das Unternehmen sammelt damit sowohl wichtige Daten über Nutzer wie auch Produkte. Diese Daten können später genutzt werden, um im Online-Marketing ein besseres Targeting anzubieten. Gerade in Zeiten von GDPR, dem Sterben der Cookies und Datensparsamkeit ein nicht zu unterschätzendes Asset.
Börsenstory durch höheren TAM: Nach einer Bewertung von 46 Mrd. USD in der letzten Finanzierungsrunde aus Juni diesen Jahres, ist der IPO der nächste Schritt, geplant für Frühjahr 2022. Paypal und Sea Ltd. sind bereits börsennotiert. Ein Vorstoß in neue Bereiche erhöht den TAM (total adressable market) und erlaubt es Investoren weiter eine tolle Wachstumsgeschichte zu erzählen.
Fazit
Als Fazit kann ich fast meinen Text aus der Honey/Paypal-Analyse einfügen:
Von außen betrachtet macht der Zukauf für Paypal Sinn. Das Gesamtpaket Paypal kann sowohl für Händler (Value-Add durch datengetriebene Marketing-Kampagnen) als auch für Kunden (Bessere Funktionalität für die Paypal oder Venmo-App) interessanter werden. Paypal bewegt sich in der Customer Journey weiter nach vorne, und verlässt den reinen Payment-Bereich.
Gleiche Argumentation gilt bei Klarna. Zusätzliche Services für Händler bietet das schwedische Unternehmen bereits an und wird die Zukäufe wahrscheinlich unter eigener Brand irgendwann zusammenführen.
Prognose: als nächstes versucht Klarna für die Nutzer relevanter zu werden und wird sich (a) ein Cashback-Programm hinzukaufen und (b) seine Banking-Services für Kunden - abseits der Klarna-Card ausweiten. Beides sehen wir in den nächsten 12 Monaten.
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Danke für den Support, einen tollen Tag - und natürlich: bleibt gesund!