Hallo zusammen,
I’m back. Die letzte Ausgabe des Newsletters ist ausgefallen. Dafür habe ich eine gute Entschuldigung: meine Frau und ich haben am 13.01.2021 Nachwuchs bekommen. Da gab es in den letzten Wochen wichtigeres als den Newsletter.
Der kleine Frederik Carl spielt gut mit, hält uns trotzdem auf Trab. Wir laufen auf jeden Fall eine steile Lernkurve hoch und gewöhnen uns langsam an den neuen “Tagesrythmus” - wenn man von so etwas sprechen kann.
Ich freue mich zur Abwechslung mit anderen - nicht Kind-bezogenen Dingen - zu beschäftigen.
Zum Inhalt:
Geschäftsmodell "Schach" - die Play Magnus Group
Schach - das königliche Spiel. Gemessen an der Anzahl der in Vereinen organisierten Spieler und der veröffentlichten Literatur ist Schach das populärste Brettspiel in Europa.
Und Schach boomt! Das hat gleich mehrere Gründe: (a) Corona und (b) “The Queens Gambit”.
Corona: Durch Corona und das Wegfallen von sozialen Aktivitäten steigt das Interesse an Brettspielen - auch Schach. Schach-Großmeister Hikaru Nakamura, bekannter Streamer auf Twitch, verzehnfachte seine Follower seit Februar. Auch auf YouTube erfreuen sich Schachvideos einer hohen Beliebtheit.
The Queens Gambit: Die Netflix-Miniserie “The Queens Gambit” wurde über 62 Mio. gestreamt und war die erfolgreichste Netflix-Miniserie überhaupt. Der Effekt der Serie auf das Interesse an Schach ist höher zu bewerten als die letzte Weltmeisterschaft. Schachbretter und andere Schach-Accessoires wurden vermehrt online nachgefragt:
The online retailer eBay said US sales of chess sets have soared by 60% since last year as more people spend time at home. And since the release of The Queen’s Gambit, sales of chess sets and accessories shot up by nearly 215%. Wooden chess sets are the most popular and vintage sets are also in demand. Sales of chess clocks and timers have risen 45% since last month and score pads by 300%.
Bei lichess, einem freien Schach-Server, spielten doppelt so viele Menschen wie im November 2019. chess.com, die weltgrößte Schach-Website, freut sich über so viele Neuanmeldungen wie noch nie.
Der Weg aus der Nische - zumindest kommerziell
Trotz aller Popularität: Schach bleibt in der Wahrnehmung eine Nische.
Wer kann mir drei Schachspieler nennen? Magnus Carlsen, den aktuellen Weltmeister, kriegen noch einige hin. Vielleicht noch Kasparov. Aber danach wird es wahrscheinlich eng.
Schach findet in den Medien kaum statt, der Sport ist schlecht kommerzialisiert, Superstars sind rar gesät. Wenige Menschen können ihren Lebensunterhalt mit Schach verdienen.
Das sind gute Voraussetzungen für einen Aggregator, der Interesse bündelt und den Kundenzugang erschließt. Genau das probiert die norwegische Unternehmensgruppe Play Magnus Group.
Vorstellung: Play Magnus Group
Die Unternehmensgruppe wurde 2013 rund um den Namensgeber Magnus Carlsen gegründet. Hauptkonkurrenten sind die US-Plattformen chess.com und bereits genanntes lichess.com. Im Gegensatz zu den vorgenannten Services konzentriert sich die PMG auf Premium-Inhalte. Sie schreibt über sich:
The Play Magnus Group is an ecosystem of innovative digital brands and services focused on delivering the best eLearning and entertainment experiences for chess fans around the world. Through its leading brands, the Play Magnus Group covers key areas of chess including play, watch, study, learn, coach and compete.
Zum Unternehmen gehören die folgenden Marken:
Chessable - Chessable is führende Lernplattform für Schach. Nutzer können Kurse kaufen und ihr Schachspiel verbessern. (übernommen Q3/2019)
chess24 - eine Schach-Community, starke Content-Plattform und Pioneer im Live-Streaming von Schach. (übernommen Q1/2019)
Play Magnus App Suite - eine Kollektion von 3 Schachapps, die Anfängern das Spiel näher bringen soll
CoChess - eine Plattform, um Live-Coachings von Profis zu buchen (in Beta)
Champions Chess Tour - im ersten Durchlauf trafen die 25 weltbesten Schachspieler in fünf Turnieren aufeinander. Das Interesse war hoch, Champions Chess Tour probiert Schach medientauglicher zu machen.
Ein kurzer Blick auf die Financials (Stand: Q3/2020)
Das Unternehmen verdoppelte seinen Umsatz im letzten Jahr (+91% Y/Y), liegt bei ca. 5m USD.
Die Umsätze je Nutzer steigen (+24% Y/Y), ebenso wie die Anzahl der zahlenden Nutzer.
Das Unternehmen verliert deutlich Geld, der operating loss liegt bei 7,5m USD (YTD). Der Cash-Flow ist negativ. Das Unternehmen verfügt allerdings noch über 35m USD Cash.
Erfolgshebel: Neue Schachinteressierte
Ich mag den Ansatz und glaube, dass die Play Magnus Gruppe (PMG) das Geschäftsmodell “Schach” auf eine neue Ebene heben kann. Die Gleichung für Play Magnus ist relativ einfach: wächst der Schachmarkt, wächst Play Magnus.
Das Unternehmen hat Angebot für alle Schachinteressierte: die Play Magnus Apps für Anfänger und Fortgeschrittene, Chessable und CoChess für Fortgeschrittene und Profis. chess24 bietet Interessierten Content rund um Schach. Ich glaube, dass ein Bundling und Upselling der Angebote gut funktioniert, wie die User-Zahlen von Chessable nach der Übernahme zeigen.
Zusammengefasst: die Konversion von Nutzern wird relativ hoch sein.
Wie findet man also mehr Schachinteressierte mit Zahlungsbereitschaft und führt dem PMG Universum zu? Play Magnus Group hat zwei Joker, neben den oben genannten Makro-Trends, die Schach insgesamt gerade populärer machen:
Schach soll schneller, attraktiver und damit mediengeeigneter werden. Die von PMG initiierte Champions Chess Tour ist ein Beispiel dafür. PMG plant die Tour 2021 mit 10m EUR zu promoten. Die weltbesten Spieler treten gegeneinander an, Blitzschach und parallele Kommentare in Livestreams. Dazu passt, dass Eurosport sich die Rechte an der Tour gesichert hat.
Das knappe Gut sind die Superstars des Schachs, die den Sport für die Massen “anfassbar” machen. DER Superstar des Schachs ist Magnus Carlsen - jung, nahbar und medienaffin. Je populärer Schach insgesamt wird, desto mehr wird der Marktwert von Magnus Carlsen steigen. Magnus Carlsen hält selber relevante Anteile an PMG und stellt exklusiven Content für die Plattformen bereit. Zusätzlich bespielt er die Social Media Kanäle von chess24 und ist wahrscheinlich das Zugpferd für PMG.
Was können andere daraus lernen?
Ich finde es außergewöhnlich, wie konsequent PMG die Puzzleteile für ein Schach Ökosystem zusammensucht. Das was die Gesamtsumme größer als die Summe der Einzelteile macht, ist die Fähigkeit neue Schachspieler in den Funnel zu ziehen.
Dies gelingt durch Mediapartnerschaften, die Fähigkeit Schach besser zu vermarkten und den Zugang zum Superstar des Schachs.
Natürlich ist es nicht 1:1 übertragbar, dennoch sind Elemente dieser Strategie auf Nischen im E-Commerce möglich. Fragen, die sich Nischenplayer stellen sollten:
Wer ist der Superstar in meiner Nische (Influencer) und wie kann ich ihn binden?
Ist mein Angebot gut genug, um neue Kunden zu konvertieren und über einen längeren Lebenszyklus zu halten?
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Danke für den Support, einen tollen Tag - und natürlich: bleibt gesund!
Hi Dennis,
das sind gute Punkte - danke für Deine Einschätzung. Mit dem Aktienrückkauf würde ich auch als positiv deuten, wenn ich auch manchmal fürchte, es ist nur etwas kosmetisches, um die Stimmung gut zu halten, während hinter der Bühne alles gar nicht mehr so dolle ist.
Von dem Super-Schachhype bin ich gerade nicht mehr so überzeugt, bzw. nicht davon, wie sehr sich das materialisieren wird in möglichen Umsatzzahlen in der PlayMagnus Gruppe. Auch einige Zukäufe (NewInChess, und ein Schachbuchverlag in England) fand ich überraschend, so von der allgemeinen Zielrichtung her. Doch bin ich hier kein großer Kenner. Bauchgefühl eher insgesamt mau, was auch durch zwei Monate Abwärtsflug der Aktie nicht besser geworden ist (Februar bis Ende April).
Hoffnung nun auf gute oder zumindest interessante Zahlen ... maaaal sehen.
Hi,
danke für die Übersicht und Deine Einschätzung - ich finde auch, die Aktie ist spannend, leide aber schon seit längerem am Rückgang der Kurse (50% seit dem Peak).
Trotzdem, kann noch werden?
(Ein Hinweis nur - der Weltmeister heißt Carlsen (mit e).)
Alles Gute!