WGSN – Die Modemacht, die keiner kennt
Vielleicht kennt ihr das Gefühl: Ihr wollte Kleidung kaufen, geht in der Einkaufsstraße von Laden zu Laden und irgendwie gibt es überall die gleichen Produkte. Ob Nike, H&M oder Tom Tailor. Ähnliche Farben. Ähnlich Schnitte. Ähnliche Trend-Produkte. Warum eigentlich?
Zugegeben: ich kenne das Gefühl weniger, da ich (a) wenig Mode offline kaufe und (b) generell nicht der Genuss-Shopper bin. Die Frage ist dennoch interessant. Und nach der Folge „The Trend Forecast auf meinem Lieblings-Podcast „99% Invisible“ habe ich das Gefühl der Antwort ein Stück näher zu sein. Ein großer Teil der Antwort ist WGSN.
WGSN steht für World Global Style Network. Aber fasst jeder kennt das Unternehmen nur unter seinem Akronym. Nie gehört? Geht mir ähnlich. Das Unternehmen ist selbst der interessierten Öffentlichkeit wenig bekannt.
WGSN sagt Trends der Zukunft vorher – neudeutsch: „Trend Forecasting“. Das machen andere Unternehmen auch, aber im Bereich Design und Mode ist niemand so einflussreich wie WGSN. Das Unternehmen zählt Marken wie H&M, Nike & Levi’s zu seinen Kunden. Genauso wie 6.000 andere Unternehmen in über 100 Ländern und 70.000 Abonnenten – darunter viele Designer, die entscheiden, was ihr morgen tragt. Die Redakteure von WGSN recherchieren Trends und bereiten diese sehr aufwendig auf. Mit Bildern, Beispielen und Videos. Mehr als 250 Reports pro Monat. Die Berichte werden hinter einer Paywall bereitgestellt. Das Ganze hat einen stolzen Preis von mehreren tausend Dollar pro Monat.
Was WGSN von einem Modeblog oder Fashion Magazin unterscheidet: neben Information stellt WGSN auch Design- und Farbmuster zum Download (CAD) bereit. Design-Teams können dies als Basis für eigene Kreationen und Entwürfe nehmen. Genial einfach! Der Nachteil: wenn die Großen der Modeindustrie das alle machen, dann sieht alles gleich aus. Ein Problem, was auch der Marc Worth sah: nach seinem Exit nannte der Gründer sein Unternehmen „ein Monster„.
“Shoppers complain that everything on the high street looks the same, but is it any wonder? Instead of looking for inspiration, brands are relying on templates, and because everyone uses the same templates, there’s no competitive edge.”
Interessant wird es, wenn wir (a) den Einfluss von Unternehmen wie WGSN und (b) digitale Technologien zusammenwerfen.
Im letzten Artikel habe ich mich mit Lesara und der Fast Fashion Branche auseinandergesetzt. Zum Thema Sortiment war die Aussage:
„Wir finden international die besten Trends für Dich“ ist eine Umschreibung für „Wir crawlen verschiedene Quellen und schauen uns die Verkäufe auf anderen Plattformen an. Dann entscheidet ein Algorithmen, welche Produkte wir produzieren.“ Im Gegensatz zu anderen Modeshops wird bei Lesara auf Store-Checks vor Ort verzichtet. Durch eine Orientierung an den Verkäufen von anderen Plattformen (Zalando, Amazon, OTTO, etc.), kann Lesara das Bestandsrisiko senken. Produziert werden nur Muster, Schnitte, Farben, bei denen sich Verkäufer relativ sicher sein können, dass auch Nachfrage besteht.
Damit haben wir drei Treiber im Markt: (a) Die (wenigen) Trendsetter. (b) Die Marken, welche auf WGSN & Co zurückgreifen. (c) Die Daten-Sammler wie Lesara & Edited.
Daraus resultierend sehe ich zwei Punkte:
Sehr wenige Trendsetter bestimmen, was die breite Masse trägt. Durch Services wie WGSN und dem gleichzeitigen Druck immer schneller mehr Kollektionen auf den Markt zu bringen, wird für Marken Zeit und Geld für kreatives Schaffen immer schwerer zu rechtfertigen.
Durch die bessere Datenverfügbarkeit (z.B. durch Edited) können Unternehmen wie Lesara gut analysieren, was sich auf Drittplattformen verkauft. Warum also selbst kreativ werden oder Services wie WGSN nutzen. Das gab es früher mit Store Checks auch. Durch digitale Services sind diese Informationen besser und billiger für eine breite Masse verfügbar.
Heißt für mich, dass Mode und Looks für die breitere Masse in Zukunft noch homogener werden. Pessimistisch, aber in meinen Augen eine logisch Schlussfolgerung der aktuellen Marktentwicklung.
So. Und wer jetzt noch wissen möchte, was morgen hip ist – hier die Einschätzung von Sarah Owens, eine Trend Forecasterin bei WGSN.
Take the current athleisure trend, where everyone from Kate Hudson to Beyonce has a line of high-fashion fitness clothes, and sweatpants are just as likely to be seen at start-up offices as they are at the gym. Owen points out that it was easy to see this coming if you were paying attention to the booming gig economy. A fashion trend-forecaster takes a prediction that 40% of Americans will be working from home by 2020 and translates it into real-life fashion consequences, suddenly seeing an increased amount of stretchy cotton in your future wardrobe.
Also: kauft Euch alle schon mal eure Joggins-Hose. Damit laufen wir bald alle rum. #athleisure