Twitter hat ein Nutzerproblem, kein Umsatzproblem
Das Unternehmen Twitter kommt in den Nachrichten aktuell nicht gut weg.
Schleppendes Umsatzwachstum: Krisensitzung bei Twitter (futurezone)
Der Aktienkurs ist allein seit Anfang des Jahres um ein Fünftel im Minus; unterm Strich schreibt der Kurznachrichtendienst immer noch tiefrote Zahlen – und beim Umsatz verzeichnete das Unternehmen im jüngst abgelaufenen zweiten Quartal das niedrigste Wachstum seit dem Börsengang Ende 2013. (wiwo)
Twitters Problem ist die allgemeine Stagnation im Unternehmen, vor allem beim Umsatz und in Sachen Mitgliederwachstum. Alle Bemühungen scheinen nicht auszureichen, um mit anderen sozialen Netzwerken wie Instagram und Snapchat mitzuhalten, die gefühlt wöchentlich unter großem medialen Echo Neuerungen verkünden. (internetworld)
Um es vorab zu sagen: Twitter hat kein Umsatzproblem. Twitter hat ein Nutzerproblem.
Wer beim Unternehmen aus San Francisco primär den Umsatz bewertet, betrachtet die falsche Metrik. Ja, im Vergleich zu Facebook schauen Umsatz wie auch Ergebnis bescheiden aus. Geschenkt. Aber: Twitter zeigt eine positive Entwicklung des ARPU (Average Revenue Per User), also den Umsatz pro aktiven Nutzer. Bis Q3/2015 wuchs der ARPU mit gleichen Raten wie bei Facebook. Deutlich über denen bei LinkedIn. Twitter hat den Vorteil, dass seine Werbeformen nativ sind. Die Werbung ist ein Tweet. Es wirkt nicht so fremd wie Banner-Werbung.
Zudem sind alleine die Daten viel Wert. Im Jahr 2009 hat Marissa Mayer, damals noch bei Google, Tweets von drei Tagen zur Analyse bekommen. Über 60% der geteilten Links hat die Suchmaschine Google noch nie vorher gesehen.
Nein, dass Twitter seine Nutzer nicht monetarisieren kann, glaube ich keine Sekunde. Das Problem ist das Nutzerwachstum. Der Dienst schafft es nicht neue Nutzer von sich zu überzeugen.
Quelle: Statista
Ich kann es (leider) gut nachvollziehen. Twitter war bei mir Liebe auf den 2. Blick. Der Service hat ein Kaltstart-Problem. Es muss erst Zeit investiert werden, um relevante Newsquellen zu identifizieren. Je besser diese Quellen ausgewählt sind, desto höher ist der Nutzen des Netzwerks. Ist das Netzwerk einmal aufgesetzt, funktioniert das Prinzip super – insbesondere im beruflichen Umfeld. Es gibt einfach nichts vergleichbares, um (a) so schnell an Informationen zu kommen und (b) so gebündelt mit Branchenexperten in Kontakt zu treten. Auf Facebook könnte ich verzichten, Twitter würde mir fehlen.
Es ist traurig, dass sich der Dienst in den letzten Jahren so wenig weiterentwickelt hat. Positiv kann man sagen: der Dienst bleibt sich treu. Negativ: es wurde nichts getan, um den Dienst relevanter für neue Nutzer zu machen. Gerade in diesem Licht muss man den Hut vor Snapchat ziehen, die ihren Dienst bereits immer wieder wandeln und weiterentwickeln – und das bevor sie es eigentlich müssen. Jeder liebt Snapchat, so wie es aktuell ist.
Also Twitter: bitte entwickle dich weiter. Gewinne neue Nutzer. Wenn du das Nutzerwachstum in den Griff kriegt, werden Umsatz und Ergebnis folgen.