#1: Google - auf dem Weg zur Blackbox | Growth 📈
Guten Morgen,
zuerst: Danke, dass Du “Commerce Operations” abonniert hast. Heute Ausgabe #1.
Zweitens: Ich werde in den nächsten Wochen mit dem Newsletter experimentieren. Wahrscheinlich wird es an den Formaten - News, Analysen & Leseempfehlungen - noch leichte Anpassungen geben, so dass der Newsletter die richtige Balance zwischen Länge des Textes und Tiefe des Inhaltes hat. Feedback ist herzlich willkommen.
Zum Inhalt:
Google: Match-Types werden aufgeweicht
Warum ist die News wichtig? Unternehmen, die bisher Wettbewerbsvorteile durch eine gute Steuerung der Kundengewinnung und -rückgewinnung via Suchmaschinen-Marketing hatten, sehen diesen Vorteil schwinden. Google erhöht durch Anpassungen an der Keyword-Ausspielung die Komplexität. Diese Komplexität kann zukünftig nur noch automatisiert gesteuert werden, am effizientesten durch Google selber. Niemand sonst hat alle notwendigen Daten. Das Spielfeld im Suchmaschinen-Marketing wird gleicher, der Unterschied zwischen 3.Liga SEA und 1.Liga SEA schwindet. Die 1. Liga ist not amused.
"Mit passenden Wortgruppen und Modifizierern für weitgehend passende Keywords mehr potenzielle Kunden erreichen"
(von Google Support, 31.07.2019)
Kleine Ankündigung, große Wirkung - Google hat die SEA-Welt in Aufruhr versetzt. Google erweitert die Matchtypes Phrase und Broad Match Modified um ähnliche Begriffe. Google schreibt dazu:
Damit Sie ohne endlose Keyword-Listen mehr Nutzer erreichen können, werden seit Ende letzten Jahres bei der Keyword-Option "Genau passend" auch ähnliche Varianten berücksichtigt. In den kommenden Wochen wird diese Funktion auch für die Optionen Modifizierer für weitgehend passende Keywords und Passende Wortgruppe hinzugefügt. Dann werden Wörter in der Suchanfrage berücksichtigt, die dieselbe Bedeutung wie das Keyword haben.
Zusammengefasst: Im Vergleich zu früher wird eine bestimmte Anzeige bei mehr Suchanfragen ausgespielt. Google bewertet den Intent des Suchenden, weniger das gebuchte Keyword.
Google Argumentation: Bei Google werden jedes Jahr Billionen von Suchanfragen gestellt. Obwohl Nutzer häufig nach denselben Antworten suchen, ändert sich die Art, wie sie suchen, ständig. So sind 15 % der Suchanfragen, die Google jeden Tag sieht, neu. Wenige Werbetreibende können diese Änderung zeitnah in seinen SEA-Account einspielen, sie verpassen dadurch Umsätze. Durch die Anpassung erwartet Google, dass Werbetreibende 3-4% mehr Klicks und Conversions erzielen werden.
Aus Google-Sicht ist die Anpassung verständlich. Der Aktienmarkt möchte steigende Umsätze sehen. Bei einem nur leicht steigenden Suchvolumen, müssen bestehende Anfragen besser monetarisiert werden. Durch die Anpassungen kann Google v.a. im Long Tail mehr verdient werden. 3-4% mehr Umsatz (und Kosten) sind für den einzelnen Werbetreibenden nicht viel Geld, für Google ist 3-4% mehr Umsatz über alle Werbetreibenden aber viel Geld.
Für die meisten Werber, v.a. für KMUs, werden die Anpassungen positiv sein. Diese Unternehmen haben selten die Ressourcen einen Account in der Tiefe aktiv zu managen. Das übernimmt zunehmend Google für sie.
Nicht erfreut werden SEA-Profis sein, Unternehmen mit einem gut ausgebauten und gemanagten Google Ads Account. Diese Unternehmen hatten durch durchdachte Accounts, gute Einsprungseiten und diverse Keyword-Quellen einen Vorsprung vor der Konkurrenz.
Folge 1: Account-Strukturen werden einfacher - die Aussteuerung unübersichtlicher
Sehr fein-granulare Account-Strukturen sind ein Auslauf-Modell. Puristen mit SKAG-Strukturen (Single Keywords, Ad Groups) werden diese kaum managen können. Bei einer breiten Auslieferung mit einem gleichzeitigen Negative-Limit von 10.000 pro Kampagne, ist eine zielgenaue Steuerung quasi unmöglich. Die SEA-Manager werden einfach darauf vertrauen müssen, dass Google den Such-Intent des Nutzers richtig erkennt, die Accounts werden weniger granular. Die früheren SEA-Profis müssen sich einen anderen komparativen Wettbewerbsvorteil suchen - ein guter Account ist es nicht mehr. Google egalisiert das Wettbewerbsfeld mehr.
Folge 2: Manuelles Bidding stirbt - Google Smart Bidding als “Last Man Standing”
Durch eine Aussteuerung von "ähnlichen Worten" steigt die Komplexität für das Bid-Management. Es gibt keine genaue Kontrolle über die Worte, die in der Suchanfragen enthalten sein müssen, damit eine Anzeige ausgesteuert wird. Ein Keyword-Bid kann nun zu potenziell hunderten von Variationen des Keywords passen. Einfach gesagt: Das Level von Komplexität im Zusammenhang mit Targeting & Bidding ist für eine Person und manuelles Bidding nahezu unmöglich. Auch herkömmliche Bidding-Systeme haben es schwerer. Wenn der Such-Intent die Basis des Biddings wird, gibt es nur ein Unternehmen, welches alle Daten hat, um passende Bids abzugeben: Google mit seinen Smart Bidding-Strategien.
Ich bin ehrlich: der Verlust an Kontrolle fühlt sich nicht gut an. Wir bewegen uns in eine Welt in der wir Google vertrauen müssen, den SEA-Account richtig zu managen. Google wird zunehmend zur Blackbox. Der nächste logische Schritt wäre Keywords komplett abzuschaffen. Dann stehen Werbetreibende als Zuschauer ganz an der Seitenlinie.
Leseempfehlung: Indispensable Growth Frameworks from My Years at Facebook, Twitter and Wealthfront
Dieser Artikel erschien auf First Round Capital Review im Dezember 2018. Ich liebe diese Seite: erfahrene Veteranen der Startup-Szene geben ihr Wissen zu Organisation, Strategie & People Operations weiter. Ideen zur Projektsteuerung, Entscheidungsfindungen & Co. habe ich bereits in meinen Berufsalltag übernommen.
In diesem Beitrag geht es um Wachstum, neudeutsch “Growth”. Andy Jones berichtet aus seiner Erfahrung von Facebook, Twitter und Wealthfront:
Johns has spent his career helping startups grow. He’s been a product manager and internet marketer at Facebook, Twitter and Quora, where he worked on growing their number of active users. Johns has deployed more than $10 million in online advertising spend, built email systems that sent over 50 million emails monthly and executed over 400 product A/B tests for user acquisition and retention. Simply put, he’s the renaissance man of growth.
Das Video dauert 26 Minuten und ist sehenswert, für den Beitrag benötigt Ihr ca. 10 Minuten. Es geht um die Fragen:
Was macht ein Growth Team? Wie finde ich die richtige Person dieses Team zu führen?
Wie entwickele ich ein gutes Testing-Vorgehen?
Was macht ein Growth Team?
Was macht es nicht? Growth Hacking! Es geht nicht darum, dem schnellen Dollar hinterherzulaufen. Es geht darum, ein Wachstums-Modell zu finden und die dazugehörige Wachstum-Gleichung zu verstehen. Auf oberste Ebene schaut es häufig so aus:

Top of the Funnel: In looking for a robust top of the funnel, what is being asked is: can the product capture traffic and convert it at an increasingly higher rate into some meaningful type of usage? This is a more tactical variable and the least important parameter in the equation, according to Johns.
Magic Moment: This is the user’s emotional response when interacting with the product. Ideally, it strikes early and often in the product experience. “We have these moments with Wealthfront. One day, I went to bed and woke up to see it had harvested $3,000 in losses for me while I slept. It didn’t ask me to do anything or charge me; it just did it. That’s when I realized two things: One, how cool that I’ll have more money left over at year’s end and, two, I have to work on this product! That’s how investing should be.”
Core Product Value: This component involves the size of your market, the legitimacy of the problem you solve and how right you were with your product/market fit hypothesis. For products that get the “magic moment” and “core product value” right, the top of the funnel naturally and rapidly fills. And when you have tremendous top-of-the-funnel growth you don’t have to fight to fill it. You just need to remove friction where it exists.
Gerade B2B-Unternehmen tun sich mit dem "Magic Moment" schwer, es lohnt sich aber Gedanken darüber zu machen. Außenkommunikation und Strategie werden sehr viel klarer. Die oben aufgezeigte Wachstums-Formel bricht Andy nun auf das spezifische Unternehmen herunter, hier am Beispiel von Amazon:

Wie sieht die Wachstumsformel für Euer Unternehmen aus?
Wie entwickele ich ein gutes Testing-Vorgehen?
Große Unternehmen lieben kleine Veränderungen. Google und Facebook können die Wirkung von minimalen Änderungen auf der Website testen, bekommen in kurzer Zeit durch den massiven Traffic ein signifikantes Ergebnis.
Nur: Die meisten Unternehmen sind klein, haben nicht Millionen von Visits am Tag. Trotzdem testen viele Startups wie die Web-Giganten. John Adams sagt: "Je weniger Traffic ich habe, desto größer und mutiger müssen den getesteten Veränderungen sein." Es macht keinen Sinn 40 Farbvarianten eines Buttons auf der Website zu testen.

An Startups und KMUs: testet Varianten mit deutlichen Unterschieden, testet möglichst tief im Funnel. So kommen Unternehmen schnell zu signifikanten Ergebnissen und können schneller das Produkt weiterentwickeln.