code.talks Commerce: E-Commerce Tech mit Nachos & Popcorn
Die code.talks Commerce sind eine Pflichtveranstaltung für alle, die im E-Commerce mit Technologie zu tun haben. Die Konferenz fand am 12./13. April zum dritten Mal in Berlin statt.
The Dev Conference for the E-Commerce Scene: Around 70 sessions in 10 theme tracks – at the code.talks commerce special, developer topics of the e-commerce sector will be viewed from all different kinds of perspectives. Go into depths and get inspired by the newest innovations of the various themes!
Verglichen mit den code.talks in Hamburg sind die Vorträge weniger technisch, Codezeilen sieht man selten. Das Auditorium besteht vor allem aus Projektmanagern, CTO und IT-Leitern. Das macht die Veranstaltung aber nicht schlechter. Wer sich für die Organisation von IT-Bereichen, erfolgreiche & erfolglose IT-Projekte oder Grundlagen-Talks (#Mikroservices) interessiert, ist genau richtig bei den code.talks Commerce. Daneben gibt es diese kleinen Perlen: Vorträge, die ein nischiges Nischenthema wunderbar aufbereiten. Von Spezialisten für Spezialisten.
Drei sehr gute Vorträge aus den verschiedenen Kategorien möchte ich näher vorstellen:
Jesper Richter-Reichhelm (CTO @ Outfittery): Cross functional teams are great – but what about the business?
Jesper stellte vor, wie Outfittery des Unternehmen auf End2End-Teams umgestellt hat. Keine Silos mit IT, Marketing & Vertrieb mehr, sondern Teams, die ein Thema ganzheitlich vorantreiben. Dabei setzt Outfittery nicht auf die „übliche“ Doppelspitze aus Product-Lead und Tech-Lead, sondern strebt einen Diamanten an der Teamspitze an: jeweils ein Verantwortlicher aus Business, Tech, Product und Data. Der Diamant erarbeitet eine gemeinsame Roadmap und verantwortet das Thema ganzheitlich: produktseitig wie auch wirtschaftlich. Für ein Pilotprojekt wählte Outfittery die Bereiche Kundenneugewinnung und -reaktiverung. Wenn die Tests in diesen Teams erfolgreich sind, folgen weitere Bereiche.
Ich mag den Ansatz. Er ist sehr ähnlich zu dem, wie wir shopping24 seit Oktober aufstellen. Arbeiten in komplett cross-funktionalen Produktteams. Überraschend fand ich am Vortrag von Jesper: das Tagesgeschäft von Business und Tech ist nach wie vor getrennt. Im Unternehmen tritt das Team „Kundenneugewinnung“ mit dem Diamanten als ein Team auf. Intern unterscheiden sich die Abläufe von Marketing & IT allerdings so sehr, dass es bei einer übergreifenden Projektplanung zu Effizienzverlusten kommt. Die IT arbeitet sehr projektgetrieben nach Scrum, das Business mit einem höheren Anteil von Routineaufgaben arbeitet nach Kanban o.ä..
Ich verstehe ich Argumentation pro Trennung, bin mir aber nicht sicher, ob es der richtige Weg ist. Er hilft nicht das Business-Verständnis für auf Tech-Seite und das Tech-Verständnis auf Business-Seite zu fördern. Effizienz vs. mittelfristig ein bessere Projektergebnisse durch besseres Verständnis – keine einfache Entscheidung.
Outfittery stellte zudem einige Best-Practices vor, welche die Arbeit in den End2End-Teams fördern: „8 minutes of fame“ zum Vorstellen von Themen für das gesamte Unternehmen, „Product quality time“ zum Austausch für alle Product Owner einmal in der Woche und vieles mehr. Auch die Herausforderungen von Cross-funktionalen Teams stellt Jesper ausführlich dar.
Franziska Korsisch (Data Scientist @ All You Need): Food is personal! – Design and impact of personalized recommendations in e-grocery
Franziska ist Data Scientist beim Marktplatz allyouneed. Genauer gesagt bei deren Ableger für Lebensmittel. Franziskas These: Food is personal, und ist damit prädestiniert für Personalisierung. Warum? Der Lebensmittelbereich hat online (a) hohe Wiederkaufsraten und (b) viele Produkte je Warenkorb. Damit gibt es mehr Datenpunkte für eine sinnvolle Personalisierung.
Allyouneed baute eine Item-User Matrix auf und konnte damit Produktpräferenzen für den einzelnen Nutzer auf Basis des Einkaufsverhaltens von Dritten vorhersagen. Sehr erfolgreich, wie Franziska in einem A/B-Test zeigte. Die Sortimentskompetenz wird höher eingeschätzt, die Zeit je Einkauf reduziert und der Umsatz stieg. Getestet wurde die Personalisierung bisher auf Kategorieseiten.
Ein schöner Vortrag zu einem Thema, mit dem ich mich aktuell ebenfalls beschäftigte.
Philipp Werner (Director BI @ Project A): Analyzing the business value of site speed improvements (using Navigation Timing API & BigQuery)
Eine dieser Perlen: ein Nischenthema top aufbereitet. Die Ausgangsfrage: wie hängen die Ladezeit eines Online-Shops und die Conversion Rate zusammen. Es ist allgemein bekannt, dass schnellere Webseiten eine höhere Conversion Rate haben. Oft wird dann eine 10 Jahre alte Studie von Amazon zitiert. Vor 10 Jahren hatten wir das E-Commerce Mittelalter! Aussagen von damals müssen heute nicht mehr gelten.
Das BI-Team von Project A ist der Fragestellung für ein Postfolie-Unternehmen nachgegangen. Die Werkzeuge: (a) Google Analytics, welches die Ladezeiten bereits von Haus aus misst, (b) eine künstliche Verlangsamung des Onlineshops und (c) viel Statistik. Das Team konnte einen signifikanten Zusammenhang nachweisen: eine um x sec. Höhere Ladezeit verbesserte die Conversion Rate um x%. (Das x fülle ich aus, nachdem die Videos online sind )
Ich habe mitgenommen: in Google Analytics die Sample Size für die Messung von Ladegeschwindigkeiten von 1% (ist voreingestellt) massiv nach oben setzen, um ein valides Datenset zu haben.
Personalized Search
Eine Sondererwähnung erhält natürlich der Talk „Personalized search“ meiner Kollegen Torben Greulich und Tobias Kässmann von shopping24. Sie erklären, wie man mit Solr personalisierte Suchergebnisse ausspielen kann und welche Erfahrungen wir damit gemacht haben.
Fazit: Top – jedes Jahr wieder
Was die Veranstaltung so spannend macht ist die gute Kombination zwischen lehrreichen Talks und Networking. Networking sowohl um bestehende Bekannte zu treffen als auch neue Personen kennenzulernen. Wie z.B. Jesper Richter-Reichhelm, CTO von Outfittery, dem ich für ein spannendes Mittagessen danke. Daneben freue ich mich Roman Zenner & Martin Möllmann vom ShopTechBlog endlich persönlich kennengelernt zu haben. Auch Jochen Krisch & Alex Graf waren vor Ort, quasi ein Betriebsausflug der „E-Commerce Podcast Gang“ nach Berlin.
Alle Videos werden im Nachgang auf youTube veröffentlicht werden. Dann werde ich den Beitrag aktualisieren und die Videos einbinden. Zudem hat der ShopTechBlog die Veranstaltung medial umfangreich begleitet.
Code.Talks Commerce 2019 – ich werde wieder dabei sein. Abschließend bleibt zu sagen: ein großes Danke an das Team von ABOUT YOU, welches eine wunderbare und erkenntnisreiche Veranstaltung auf die Beine gestellt hat.